Konstruktives Feedback verfolgt das Ziel, Lernen zu fördern.
Das heißt, es wird in der stattfindenden Lernphase zur Unterstützung des
Lernprozesses gegeben. Feedback wird daher primär vor der Leistungssituation
gegeben (unter Umständen auch mehrmals), also z.B. bei einer Seminararbeit zu verschiedenen
Zeitpunkten im Schreibprozess bevor die Arbeit eingereicht wird. Zwar können
Rückmeldungen mit einer Beurteilung einer fertigen Arbeit verknüpft werden,
allerdings können sie nur lernförderlich sein, wenn sie die TN erreichen (z.B.
im Rahmen einer Einsichtnahme oder wenn Feedback direkt zugesendet wird).
Konstruktives Feedback unterstützt die TN dabei, zu
erkennen, wo sie sich in Bezug auf Lernziele befinden. Zusätzlich bietet es
Hinweise, um im Lernen weiter fortzuschreiten und Lernziele zu erreichen. Rückmeldungen
können z.B. alternative Erklärungen oder Verweise zu hilfreichen Ressourcen
beinhalten, um beim Ausbau von Wissen und Verständnis zu unterstützen. Feedback
kann ebenfalls dazu veranlassen, Handlungsmuster zu ändern (z.B. bei einer Grafik
immer zu überprüfen, ob sie ohne den erklärenden Text aussagekräftig ist).
Veränderte oder neue (Lern-)Strategien können aus konstruktivem Feedback
resultieren, (z.B. fällt einer LP auf, dass es ein*er TN schwer fällt, die
Kernaussage aus wissenschaftlichen Text herauszuarbeiten. Deshalb schlägt sie
dem*der TN vor, beim Lesen Schlüsselbegriffe zu markieren, Randnotizen zu
machen und daraus eine Mind-Map zum Text zu erstellen).
Um aus Feedback zu
lernen, muss es wachstumsorientiert sein, auf die Aufgabenstellung bezogen sein
und zeitnahe erfolgen. Es stellt sich also die Frage: „Welche Art von Feedback
ist für welche TN wann am lernförderlichsten?“ Um das herauszufinden, können
die vier Feedback-Ebenen (d.h. Ebenen, auf die sich Rückmeldungen beziehen können)
nach Hattie und Timperley zur Hilfe genommen werden: [
1]
- Die Ebene der
Aufgabenstellung: Zu dieser Ebene zählt z.B. eine Rückmeldung zur Richtigkeit einer
Antwort oder der Vollständigkeit von Informationen („Dem Klimadiagramm fehlen
Titel und Legende.“).
- Die Ebene des
(Erstellungs-/Erarbeitungs-/Lern-) Prozesses: Dazu gehört bspw. Feedback zu Lernstrategien –
sind sie effektiv? Gibt es Alternativen? („Stellen Sie sich vor, Sie sehen Ihr
Klimadiagramm in einem Artikel abgebildet. Können Sie es interpretieren, ohne
den Begleittext zu lesen?“).
- Die Ebene der
Selbstregulation: Feedback auf dieser Ebene zielt z.B. darauf ab, die TN anzuleiten,
bereits erworbenes Wissen anzuwenden („Sie kennen bereits die Kriterien eines
guten Klimadiagramms. Prüfen Sie, ob Ihr Klimadiagramm alle erfüllt.“). Diese
Art Feedback ist eine Stufe höher als Feedback auf der Prozess-Ebene. Es ist
nur dann sinnvoll, wenn die TN die vorausgesetzten Kompetenzen tatsächlich
haben und dient als eine Art Schubs in die richtige Richtung.
- Die Ebene der Person: Feedback zur Ebene
der Person bezieht sich nicht auf die Aufgabenstellung, sondern die TN selbst
(„Sie sind eine fleißige Studentin!“) Es gilt als nicht lernförderlich bzw.
sogar lernhinderlich und sollte vermieden werden. [2]
Die ersten drei Ebenen bauen aufeinander auf: Von der
Aufgabenlösung über die Entwicklung von Lernstrategien hin zur
Selbstregulation. [3] Deshalb ist es wichtig, dass Feedback auf der Ebene gegeben wird, die zum
derzeitigen Lernstand der TN am besten passt. Werden die TN gerade erst mit
einem neuen Konzept / einer neuen Kompetenz vertraut gemacht, wird ihnen
Selbstregulation noch schwerfallen.
Neben Verbesserungsvorschlägen, die möglichst an den
Lernstand der TN andocken, ist es wichtig, bereits gelungene Aspekte einer
Leistung hervorzuheben. Das hilft den TN, ihren Lernstand zu erkennen.
Zusätzlich ist es wichtig, den Umfang des Feedbacks zu beachten.
Zu knappes bzw. vages Feedback kann forsch wirken oder zu Unverständnis führen.
Bspw. ist ein Kommentar wie „Der Zusammenhang zwischen Argument X und Y wird
hier nicht klar. Warum ist Y für X relevant?“ leichter nachzuvollziehen als ein
Fragezeichen neben einer Text-Passage. Gleichzeitig ist es nicht zielführend,
die TN mit seitenlangem Feedback zu überfordern.
Konstruktives
Feedback kann den TN auf unterschiedliche Weise zugänglich gemacht werden. Hier
wird eine Auswahl an Feedback-Methoden vorgestellt, die von digitalen
Tools
unterstützt werden.
Unter automatisiertem Feedback versteht man Rückmeldungen,
die z.B. im Zuge der Erstellung einer digitalen Lernzielkontrolle von der LP
eingespielt werden. Sie werden den TN nach Absolvierung unmittelbar angezeigt (bspw.
bei der Aktivität „Test“ im Lernmanagementsystem
Moodle). Diese Art von Feedback ist i.d.R. allgemein gehalten und
kann Hinweise und Erklärungen zum richtigen Lösungsweg bzw. Musterlösungen
enthalten. Das ist insbesondere bei Multiple-Choice-Fragen sinnvoll, um einen
Lerneffekt zu erzielen, wenn die richtige Antwort bloß erraten wurde.
Der Vorteil dieser Art von Feedback für die TN ist, dass sie
es unmittelbar erhalten. Die LP wiederum profitiert von der Flexibilität (Feedback
vorab „geben“) und der Möglichkeit, erstellte Tests samt Feedback in
zukünftigen Lehrveranstaltungen wiederzuverwenden, was Zeitersparnis bringt.
Diese Methode ist zusätzlich
zu einer kleineren Gruppe für eine größere Gruppe (26-50 TN) bzw. Massen-LV (ab
51 TN) geeignet.
Schriftliches Feedback erlaubt es, ausführlich Rückmeldung
zu geben. Digitale Tools können das Rückmelden insbesondere auf schriftliche
Leistungen vereinfachen: Formatierungen, die eine händische Annotation
erschweren (z.B. geringer Zeilenabstand, der keinen Platz für Feedback erlaubt)
sind kein Hindernis für digitale Anmerkungen. Zusätzlich fällt die Schwierigkeit
der Unleserlichkeit von Handschriften weg. Schriftliches Feedback kann am
einfachsten mit einem Online-Kollaborationstool wie Word oder GoogleDocs
gegeben werden. Damit kann Text bearbeitet werden und die vorgenommenen Änderungen
können nachverfolgt werden (beschrieben z.B. in dieser
Anleitung von Microsoft). Zusätzlich kann die Kommentarfunktion genutzt
werden, um Rückmeldungen zu einzelnen Textteilen zu geben.
Im LMS Moodle
können Dokumente, die von TN in der Aktivität „Aufgabe“ hochgeladen werden in vielen
Fällen ebenfalls direkt mit Rückmeldungen versehen werden. Siehe dazu die Anleitung zur Aktivität „Aufgabe“ von
MoodleDocs.
Diese Art von
Feedback ist insbesondere bei einer kleinen Gruppe (2 – 25 TN) geeignet. Hier
gilt: Je größer die TN-Zahl, desto höher der zeitliche Aufwand für die LP. Bei
hoher TN-Zahl ist (regelmäßiges) schriftliches Feedback mitunter nicht
praktikabel. Bei größeren Gruppen können eventuell standardisierte (aber auf
die jeweilige Aufgabe angepasste) Beurteilungs- oder Kriterienraster
unterstützend eingesetzt werden, um effizient Feedback geben zu können.
Feedback kann auch mündlich mithilfe digitaler Tools gegeben
werden. Bei reiner Online-Lehre sind digitale Tools unerlässlich, um den TN
synchron (d.h. gleichzeitig) Rückmeldungen zu geben. Dafür sind synchrone Online-Kommunikationstools
geeignet. So kann z.B. in einer Online-Sprechstunde Feedback zu Leistungen der
TN gegeben werden. Asynchron (d.h. zeitlich versetzt) kann die LP Rückmeldungen
als Audioaufnahme erstellen und den TN zur Verfügung stellen. Details für diesen Einsatz bietet das Video “Using audio feedback in your teaching - Case study” der University of
New South Wales.
Eine weitere Möglichkeit ist es, als LP z.B. einen Screencast als
Feedbackmöglichkeit zu nutzen. Ein Screencast ist ein Video, in dem Aktivitäten
am Computerbildschirm aufgezeichnet werden. Wird z.B. Feedback auf einen Essay
gegeben, nimmt die LP die Korrektur des Essays (=Bildschirmaktivität) auf.
Gleichzeitig nimmt sie ihre Stimme auf und erklärt, warum Änderungen
vorgenommen werden, was bereits gelungen ist und wo Verbesserungen vorgenommen
werden können. Dabei kann es helfen, sich vorzustellen, wie in einer
Sprechstunde eine Leistung zu besprechen und genaue Erklärungen zu bieten. Ein Beispiel dafür ist das Video Easy Peasy: How to Give Audio/Video Feedback to Students von David Taylor. Genaueres zur (technischen) Erstellung
von Screencasts lesen Sie in einem eigenen Use Case.
Ein Vorteil dieser Variante ist, dass die TN eine reale Interaktion der
LP (Leser*in) mit dem Produkt (z.B. Essay) beobachten und nachvollziehen können
(Wie kommt der Text bei dem*der Leser*in an?). Für die LP ergeben sich ebenfalls
Vorteile: Es ist oft schwierig, in einem schriftlichen Feedback kurz zu erklären,
warum z.B. ein Absatz nicht schlüssig ist. Mündlich kann das i.d.R. schneller
und einfacher erklärt werden.
Für den Sprachunterricht bietet Feedback per Audio bzw. Video den
zusätzlichen Vorteil, gleichzeitig Input in der gelernten (Fremd-)Sprache zu
bieten. So wird bspw. die Auseinandersetzung mit einem korrigierten Text zu
einer Hör-Übung.
Erstellte Video- bzw. Audioaufnahmen können den TN bspw.
über das LMS (erkundigen Sie sich vorab
über die maximal erlaubte Dateigröße) oder über File-Hosting-Dienste wie bspw. OneDrive zur Verfügung gestellt
werden. Einige Hochschulen stellen einen eigenen File-Sharing-Dienst bereit,
über den größere Dateien versendet werden können, z.B. uniSHARE für die Universität Graz (erkundigen
Sie sich bitte bei Ihrer Institution). Der File-Sharing-Dienst ACOnet-FileSender ist für
Angehörige aller österreichischen Hochschulen zugänglich.
Diese Art von Feedback
ist ebenfalls insbesondere für eine kleinere Gruppe (2 – 25 TN) geeignet. Wie
bei schriftlichem Feedback wird die Durchführung bei einer höheren TN-Zahl
zeitaufwändiger für die LP.