Einsatzmöglichkeiten / Methoden
Abschnittsübersicht
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Peer-Feedback ist eine Methode der Feedbackgabe, bei der sich die TN gegenseitig auf ihre Leistungen rückmelden und ggf. beurteilen. Sie kann immer dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn die TN eigene Produkte erstellen, wie bspw. Präsentationen, Seminararbeiten, Protokolle, Videos oder IT-Entwicklungen. Die TN erbringen somit nicht nur eine eigene Leistung, sondern analysieren bzw. begutachten die Leistungen anderer kritisch-konstruktiv. Ein Perspektivenwechsel von Ersteller*in zu Adressat*in/Beurteiler*in findet statt. Dadurch werden einerseits Analyse- und Evaluationskompetenzen geschult, und andererseits kann die eigene Leistung mithilfe des Vergleichswertes verbessert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist es, dass die TN bei gleichbleibendem Aufwand für die LP mehrere Rückmeldungen erhalten können.
Grundsätzlich werden zwei Arten von Feedback unterschieden: Beschreibendes und bewertendes Feedback. [1] Beschreibendes Feedback gibt Auskunft über die Wirkung eines Produktes. Es ist wertungsfrei. Bspw. zielt folgende Frage auf beschreibendes Feedback ab: „Was ist die Position der Autor*innen? Beschreiben Sie sie in eigenen Worten“. Um die Frage zu beantworten, muss aufmerksam gelesen werden. Die richtigen Textstellen müssen gefunden und zusammengefasst werden. Die TN, die Feedback geben, schulen somit wichtige (akademische) Kompetenzen. Das erhaltene Feedback wiederum gibt den TN in diesem Beispiel Auskunft darüber, ob sie ihre Position klar dargestellt haben.
Bewertendes Feedback hingegen zeichnet sich dadurch aus, dass Urteile abgegeben werden. Die TN vergleichen dazu das Produkt von Kolleg*innen z.B. mit einem Kriterienkatalog und schlagen Änderungen vor. So würde die Beispielfrage zur Position von Autor*innen für bewertendes Feedback lauten: „Wird die Position der Autor*innen klar dargestellt? Begründen Sie Ihre Aussage und geben Sie ggf. Verbesserungsvorschläge“. Wie bei beschreibendem Feedback müssen die richtigen Textstellen gefunden werden. Zusätzlich wird Beurteilungskompetenz abverlangt und geschult.
Da bewertendes Feedback mehr Kompetenz seitens der TN voraussetzt, kann beschreibendes Feedback als Einstieg in die Praxis des Peer-Feedback bzw. Peer-Review dienen. Beurteilendes Feedback sollte erst dann gegeben werden, wenn die TN mit den Leistungskriterien vertraut sind (z.B. was ein gutes Protokoll ausmacht).
Im Folgenden werden zwei Möglichkeiten vorgestellt, wie Peer-Feedback eingesetzt werden kann.Schnelles ad hoc Peer-Feedback
Bei Leistungen, die im Plenum präsentiert werden (z.B. Präsentation, Video, Poster), kann es sinnvoll sein, ad hoc Feedback von allen TN einzuholen. Beispielsweise kann nach einer Präsentation schnelles Peer-Feedback anonym per Smartphone gegeben werden. In diesem Fall kann die Quantität die Qualität der Rückmeldungen positiv beeinflussen. Es macht bspw. einen Unterschied, ob ein*e TN zu einer Präsentation rückmeldet, es wäre zu leise gesprochen worden, oder ob das alle TN tun. Für diese Art von Peer-Feedback eignen sich Audience-Response-Systeme (ARS). ARS sind Webanwendungen, die es den TN ermöglichen, anonym über ihre Smartphones abzustimmen oder Kommentare zu hinterlassen. Online-Umfragetools sind für diesen Einsatz ebenfalls geeignet.
Alternativ kann den TN die Aufgabe übertragen werden, die Feedbackmöglichkeit über das ARS selbst einzurichten und durchzuführen. So können sich die TN mit digitalen Tools vertraut machen und die erhaltenen Rückmeldungen nach der Durchführung in Ruhe durchlesen. Als Variante kann den TN die Möglichkeit gegeben werden, vorgegebene Feedback-Kriterien mit selbstdefinierten zu ergänzen. Ein Vorteil dieser Variante ist es, dass die TN Rückmeldungen zu Anliegen einholen können, die für sie wichtig sind, aber nicht von den vorgegebenen Kriterien erfasst werden.Peer-Feedback-Schleifen und Peer-Review
Peer-Feedback-Schleifen eignen sich besonders gut, um ausführliche Rückmeldungen auf Leistungen zu geben. Dabei analysieren die TN die Produkte (z.B. Protokolle, Videos, IT-Entwicklung) anderer TN, und geben Rückmeldung (bspw. Verbesserungsvorschläge, Kritik, Anregungen). In der Regel wird die Feedbackschleife durch einen Überarbeitungsprozess abgeschlossen: Die TN nutzen die erhaltenen Rückmeldungen als Grundlage für eine Überarbeitung. Danach wird das Produkt in finaler Version der LP abgegeben, oder ein zweites Mal von Peers begutachtet.
Eine besondere Form der Peer-Feedback-Schleife ist das Peer-Review-Verfahren. [2]Es leitet sich von der wissenschaftlichen Praxis des Peer-Reviews ab: Dabei werden wissenschaftliche Text von Fachkundigen kritisch gegengelesen und überprüft, um die Qualität zu sichern. In Rahmen von Lehrveranstaltungen geben die TN einander auf wissenschaftliche Texte (z.B. Seminararbeit, oder Vorarbeiten bzw. Teile davon) Feedback. Dadurch entwickeln die TN ein vertieftes Verständnis der Bewertungs- bzw. Gütekriterien akademischer Leistungen und üben sich im gängigen Peer-Review-Verfahren. Details zu dieser Variante finden sich im „Infopool besser Lehren“ der Universität Wien.
Bei beiden Varianten können TN mehreren anderen TN Feedback geben, und erhalten somit selbst mehrere Rückmeldungen. Dadurch erhöht sich der Aufwand für die LP nicht.
Je nach Art der Leistung und vorgegebenen Feedback-Kriterien können unterschiedliche Tools eingesetzt werden. Feedback auf schriftliche Leistungen kann am einfachsten digital mit einem Textverarbeitungsprogramm (z.B. Word) gegeben werden. Damit kann Text bearbeitet werden und die Änderungen können nachverfolgt werden (beschrieben z.B. in dieser Anleitung von Microsoft). Zusätzlich können Kommentare zu Textteilten eingefügt werden. Im Gegensatz zu einem ausgedruckten Text wird die Feedbackgabe durch einen geringen Zeilenabstand oder Platzmangel am Papier nicht eingeschränkt. Online-Kollaborationstools bieten dieselben Funktionen. Sie ermöglichen es zusätzlich, dass mehrere TN gleichzeitig an einem Text arbeiten.
Lernmanagementsysteme wie bspw. Moodle können ebenfalls verwendet werden. Am einfachsten kann das über ein Forum des Typs „Standardforum“ geschehen. Die TN können in einem Beitrag im Forum zunächst ihre Leistungen im Textfeld verfassen oder als Datei hochladen (bzw. bei Videos ggf. verlinken). Feedback kann anschließend über eine Antwort auf den Ursprungsbeitrag gegeben werden, indem Text direkt in ein Textfeld eingegeben wird, oder aber eine separate Feedback-Datei hochgeladen wird.
Eine weitere Moodle-Aktivität, die es den TN erlaubt, ihre Produkte hochzuladen und Feedback über die Kommentarfunktion oder eine separat hochgeladene Datei zu übermitteln, ist die „Datenbank“. Allerdings ist der Aufwand bei der ersten Erstellung hoch. Ist eine Datenbank aber einmal erstellt, kann sie kopiert und in andere Kurse eingebunden werden. MoodleDocs zeigt, wie eine Datenbank angelegt wird.
Die Moodle-Aktivität „Gegenseitige Beurteilung“ bzw. „Workshop“ wurde speziell für Peer-Feedback entwickelt und vereint Zuteilungs- und Bewertungsprozesse. Sie ist allerdings nicht leicht zu handhaben, erfordert Einarbeitungszeit und die Auseinandersetzung mit Bewertung auf Moodle. Eine Anleitung gibt es auf MoodleDocs.