Abschnittsübersicht

  • Um eine lernförderliche Videokonferenz abzuhalten, ist eine gute methodisch-didaktische Vorbereitung unerlässlich. Folgende Fragen sollten vorab geklärt werden: Welche Zielsetzungen werden mit der Videokonferenz verfolgt? Wie können Studierende aktiv einbezogen werden? Wie sollen Studierende zu Wort kommen? Ist eine asynchrone Lösung (z.B. Diskussionsforum auf dem Lernmanagementsystem [LMS]) besser geeignet?

    Es ist wichtig, Input-Phasen in Videokonferenzen möglichst kurz zu halten und einen möglichst hohen Grad an Interaktivität zu schaffen. Für die reine Wissensvermittlung (bspw. Vortrag in einer Vorlesung) ist eine asynchrone Lösung grundsätzlich besser geeignet als eine synchrone Videokonferenz (z.B. „PowerPoint-Folien mit Audio-Aufnahmen anreichern“ im UC „Eine klassische Präsentation erstellen“ bzw. die Zurverfügungstellung von aufgenommenen Lernvideos, Screencasts oder anderen multimedialen Inhalten). Sollen die TN die Möglichkeit haben, Fragen zu den präsentierten Inhalten zu stellen, kann das bspw. über die Aktivität „Forum“ auf dem LMS Moodle erfolgen.

    Um eine Videokonferenz interaktiv zu gestalten, empfiehlt es sich, die TN nach Möglichkeit in kleinere Gruppen aufzuteilen (z.B. mithilfe der Aktivität „Abstimmung“ auf dem LMS Moodle, indem die TN eines mehrerer vorgegebenen Zeitfenster für die Videokonferenz wählen). Mit jeder Kleingruppe kann nacheinander getrennt eine kurze Videokonferenz (15-30 Minuten) abgehalten werden. Das vereinfacht die Moderation erheblich, und hilft dabei, den Überblick über die TN und Fragen im Chat zu behalten. Alternativ kann eine Co-Moderation helfen, den Überblick zu wahren (bspw. in Form einer zweiten Lehrperson oder Studienassistenz). Eine weitere Möglichkeit ist es, einzelne Moderations-Aufgaben an die TN zu verteilen und in prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen als Teil der Mitarbeit zu definieren. Mögliche Aufgaben sind: Chat im Auge behalten und die LP auf Nachrichten / Fragen hinzuweisen, ein Sitzungsprotokoll bzw. eine Mitschrift führen, Fragen und Antworten mitdokumentieren und im Nachhinein auf dem LMS zur Verfügung stellen.

    Mit einigen Videokonferenztools ist es möglich, sogenannte Breakout-Räume (auch Teilgruppen-Sitzungen genannt) einzurichten, um für einen bestimmten Zeitraum größere Gruppen in kleinere zu teilen und in eigene Räume zu schicken. Breakout-Räume eignen sich besonders für kurze Gruppenarbeiten, Diskussionen oder kurze Präsentationen in der Kleingruppe. Die TN können in diesen Räumen ungestört sprechen, diskutieren und arbeiten. Gleichzeitig werden keine anderen Gruppen gestört, die ebenfalls arbeiten. Später können die Ergebnisse in der gesamten Gruppe präsentiert werden. Der*Die Moderator*in hat u.U. die Möglichkeit, sich bei einzelnen Breakout-Räumen hinzuzuschalten, z.B. um Fragen in der Kleingruppe zu beantworten oder die Mitarbeit zu verfolgen. Beim erstmaligen Einsatz von Breakout-Räumen ist allerdings Zeit für die Erkundung des Tools und seiner Funktionen einzuplanen.

    Unterstützt das Videokonferenz Breakout-Räume nicht, können erfahrene Nutzer*innen stattdessen mehrere Konferenzen / Konferenzräume anlegen, die als virtueller Raum für verschiedene Gruppen dienen. Wichtig ist dabei nur, dass die TN diese Räume ohne „Zugangsbeschränkungen“ (z.B. TN müssen von der LP per Klick eingelassen werden) betreten können, da die LP nicht in allen Räumen gleichzeitig anwesend ist.

    TN aktivieren

    In der Regel werden Videokonferenzen als intensiver und anstrengender im Vergleich zur Präsenzlehre empfunden – und zwar von der LP und den TN. Um die Aufmerksamkeit der TN aufrechtzuerhalten und Abwechslung zu schaffen, ist es wichtig, Input-Phasen in Videokonferenzen möglichst kurz zu halten und die TN regelmäßig durch kurze Interaktionen zu aktivieren. Überlegen Sie sich, welche Zielsetzung Sie mit der Aktivität verfolgen (z.B. Vorwissen aktivieren, sanft zum Thema heranführen, TN kennenlernen, Wissen überprüfen, Denken anregen, etc.). Sogenannte „Ice-Breaker-Aktivitäten“ sind bspw. geeignet, um die TN „aufzuwärmen“ und niederschwellig in ein Thema einzusteigen. Weitere Möglichkeiten sind das (mündliche) Stellen inhaltlicher Fragen, ein Brainstorming und die Bewertung von Aussagen. Auch können Feedback oder Stimmungsbilder von den TN eingeholt werden.

    Zur Umsetzung solcher Aktivitäten kann der integrierte Chat genutzt werden, insbesondere, wenn alle oder einzelne TN ihre kurze Stellungnahme im Chat schriftlich ausführen sollen. In manchen Fällen ist es sinnvoller, auf ein externes Tool oder die bei manchen Videokonferenzsystemen integrierte Umfrage zurückzugreifen, bspw. um den TN die anonyme Teilnahme zu ermöglichen. Als externe Tools bieten sich Audience-Response-Systeme (ARS) an, mit denen bspw. Fragen an die TN gestellt werden können, die sofort und anonym über die Endgeräte der TN beantwortet werden. Komfortabler ist die Nutzung für die TN über ein zusätzliches Endgerät (z.B. Smartphone), um gleichzeitig das Videokonferenz-Fenster im Blick zu behalten. Beispiele für kurze Interaktionspunkte als Blitzfeedback finden sich im gleichnamigen Use Case.

    TN zu Wort bitten – Warm Calling

    Sollen die TN kognitiv aktiviert werden, um gemeinsam etwas zu analysieren oder miteinander in Diskurs zu treten, erlaubt die Methode des „Warm Calling“ den TN eine kurze Vorbereitungszeit, bevor sie das Wort ergreifen. Das ist empfehlenswert, um die TN nicht zu verunsichern oder den Gesprächsfluss nicht durch betretenes Schweigen zu stören[1]. In der Praxis kann das beispielsweise so eingeleitet werden: „Frau X hat hier schon wichtige Punkte angesprochen, und ich möchte auch gleich Herrn Y fragen, wie er das beurteilt. Aber davor möchte ich noch ergänzen…“. So kann Gesagtes zusammengefasst werden und zusätzlicher Input geboten werden. Gerade in Online-Diskussionen ist es sinnvoll, TN direkt anzusprechen, da auf eine Frage wie „Wer möchte etwas dazu sagen?“ unter Umständen niemand antwortet oder mehrere Personen zeitgleich zu sprechen beginnen (hier kann die Festlegung von Redereihenfolgen, z.B. über den Chat vereinbart, hilfreich sein).

    TN diskutieren lassen

    Eine Diskussion zu initiieren und zu moderieren ist in einer Videokonferenz u.U. schwieriger als in einer Präsenzeinheit. Für den Diskussionsfluss ist es förderlich, die TN in Gruppen von max. 5 Personen aufzuteilen. Das erleichtert überdies die Moderation erheblich. Wenn die Lehrperson diese Diskussionen – anders als bei Kleingruppendiskussionen in Breakout-Räumen – durchgehend verfolgen möchte, empfiehlt sich die oben genannte Einteilung in Gruppen. Die Videokonferenz selbst kann für die einzelnen Gruppen in diesem Fall kürzer ausfallen (z.B. 15 – 20 Minuten). Finden mehrere Diskussionen hintereinander statt, ist es sinnvoll, einen Puffer von 5 – 10 Minuten zwischen den einzelnen Diskussionen bzw. Gesprächen einzuplanen, um sich bei technischen Problemen nicht zu stressen, lebhaften Diskussionen mehr Zeit zu bieten oder sich zwischendurch eine (Bildschirm-)Pause zu gönnen.

    Damit eine virtuelle Diskussion gelingen kann, ist zunächst zu überlegen, worüber diskutiert werden soll bzw. welches Ziel damit verfolgt wird (bspw. Verständnis vertiefen / überprüfen, in der Fremdsprachen-Ausbildung Sprachkompetenz entwickeln / üben). Zudem ist es wichtig, den TN Vorbereitungszeit und Material bereitzustellen: Input-Material (z.B. Auszüge aus Fachliteratur, Video, Texte) sollte zumindest 3-5 Tage im Vorhinein gemeinsam mit einem Arbeitsauftrag zur Verfügung gestellt werden. Ein Arbeitsauftrag könnte folgendermaßen lauten: „Lesen Sie die folgenden Texte zu XY durch. Machen Sie sich Notizen zu den Hauptaussagen und bereiten Sie die folgenden Leitfragen vor: XY. Über diese Texte und Leitfragen möchte ich am XX um YY Uhr mit Ihnen gemeinsam in einer Videokonferenz diskutieren. Bitte bereiten Sie sich gewissenhaft vor!“. Zusätzlich zu einem konkreten Arbeitsauftrag kann es zielführend sein, den TN Rollen für die Diskussion zuzuteilen. Dadurch bekommen die TN klare Aufgaben und können sich darauf einstellen. Zu mögliche Rollen zählen: Moderator*in (leitet die Diskussion), advocatus diaboli („Anwalt des Teufels“ nimmt bewusst Gegenposition ein), Protokollführer*in. Zusätzlich können, abhängig vom Diskussionsthema, spezifische Positions-Rollen (z.B. Klimaschutz-Befürworter*in, Klimaschutz-Gegner*in, Klimawandel-Leugner*in, etc.) vergeben werden. Neben der Rollenbezeichnung sollten den TN die Aufgaben dieser Rolle dargestellt werden.

    Zum Einstieg in eine geleitete Diskussion bietet es sich an, die TN im Chat eine Einstiegsfrage kurz beantworten zu lassen (siehe auch oben). Die Reihenfolge im Chat kann dann als Abfolge für mündliche Wortmeldungen herangezogen werden. Somit haben die TN Zeit, ihre Gedanken zu fassen. Diese Reihenfolge muss freilich nicht beibehalten werden, kann aber dabei helfen, die TN aufzuwärmen und eine Diskussion in Gang zu bringen. Hier kann das zuvor erwähnte „Warm Calling“ ebenfalls angewendet werden. Alternativ dazu kann man die TN bitten, den „Ball“ metaphorisch an eine andere Person in der Gruppe weiterzugeben.

    Wenn es nicht nötig ist, dass die LP bei allen Diskussionen dabei ist bzw. sie nicht leitet, können wie oben beschrieben Breakout-Räume eingesetzt werden oder mehrere Räume / Konferenzen angelegt werden.

    TN präsentieren und tragen vor

    Videokonferenzen können dazu genutzt werden, die TN Präsentationen halten zu lassen. Aus technischer Sicht ist es dazu nötig, den TN die entsprechenden Referent*innen-Rechte bzw. Präsentator*innen-Rechte im Videokonferenztool zu übertragen. Zusätzlich sind vorab die Funktionen zu erklären (wie werden Folien hochgeladen und geteilt, wie wird der Bildschirm freigegeben, etc.) und, wenn vorhanden, entsprechende Anleitungen zur Verfügung zu stellen. Aus methodisch-didaktischer Sicht gilt für Präsentationen von TN im Videokonferenzraum das gleiche wie für die LP: Input möglichst kurz halten und regelmäßig durch Interaktionen / Aktivierung auflockern. Aktives Zuhören kann ebenfalls angeregt werden, indem Protokollierung gefordert wird oder im Anschluss spezifische Fragen zu den präsentierten Inhalten zu beantworten sind (z.B. über das LMS).