Einsatzmöglichkeiten / Methoden
Abschnittsübersicht
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Eine der zentralen Aufgaben der Hochschullehre ist das Assessment, also die Leistungsfeststellung und -bewertung. [1] Als Sonderform bezeichnet E-Assessment die elektronisch unterstützte Überprüfung von Wissen und Kompetenzen. [2] Die elektronische Abwicklung bietet gegenüber analogem Assessment die Vorteile, Antworten (teil-)automatisiert auszuwerten und im Vorhinein mit Feedback anzureichern, multimediale Inhalte einzubinden (z.B. Video-Clips), Fragen/Antworten zu randomisieren, sowie die erleichterte kollaborative Fragenerstellung und Wiederverwendung von Aufgabenstellungen. [3]
(E-)Assessment kann für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden. Im Grunde wird zwischen diagnostischem, formativen und summativen (E-)Assessment unterschieden. [4] Diagnostisches (E-)Assessment dient der Einstufung oder Eignungsüberprüfung vor dem Beginn von Lernprozesse bzw. Lehrveranstaltungen – z.B. als online Studieneingangstests oder Tests zur Sprachdiagnostik. [5] Formatives (E-)Assessment dient der laufenden Ermittlung des Lernfortschrittes der TN und unterstützt sie dabei, Lernprozesse zu steuern und Lernziele zu erreichen. [6] Details dazu finden sich in einem eigenen Use Case.
Summatives (E-)Assessment hingegen wird nach Abschluss einer Lernphase eingesetzt, um die Erreichung von Lernzielen zu überprüfen. [7] Es hat eine bewertende Funktion und dient der Leistungsfeststellung. Seine Ergebnisse fließen in der Regel in die Gesamtbeurteilung einer Lehrveranstaltung mit ein (z.B. als Teilleistung) oder stellen die alleinige Grundlage für eine Notengebung dar (z.B. als Abschlussklausur in Vorlesungen). Da summatives (E-)Assessment einen selektiven Charakter hat, also beispielweise über das Bestehen einer Lehrveranstaltung oder den weiteren Studienverlauf entscheiden kann, ist es umso wichtiger, dass es Ansprüche an Qualität und technischer Sicherheit erfüllt, zusätzlich zu den rechtlichen Vorgaben (z.B. bei Universitäten: Universitätsgesetz, Satzung der jeweiligen Universität). Im Sinne des „Constructive Alignments“ [8], also dem harmonischen Zusammenspiel von Lernzielen, Lehr- bzw. Lernmethoden und Prüfungsformen, ist summatives Assessment so zu wählen, dass die TN gefordertes und vermitteltes Wissen, Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten unter Beweis stellen können. Eine Prüfung, die ausschließlich Faktenwissen abfragt, ist demnach für eine praxisorientierte Lehrveranstaltung (z.B. Laborübung) alleine nicht geeignet, um alle erworbenen Kompetenzen zufriedenstellend abzudecken. Zur Gewährleistung der technischen Sicherheit sind hochschulweite Maßnahmen erforderlich, etwa das Einrichten eines hochschulweiten elektronischen Prüfungssystems.
Zu summativem (E-)Assessment werden nicht nur klassische Prüfungsformate (Essay, Klausur mit einer Mischung aus offenen und geschlossenen Fragen, etc.) gezählt, sondern auch offene bzw. alternative Prüfungsformate, wie bspw. bewertete Team-Arbeiten, E-Portfolios oder Open-Book-Prüfungen. In den meisten Fällen können bereits bestehende analoge Prüfungsformate bzw. Prüfungsfragen nicht 1:1 in den digitalen Raum übernommen werden. Wie summatives E-Assessment umgesetzt werden kann, zeigen die folgenden Beispiele.E-Klausur als Präsenz- oder Distanz-Prüfung
E-Klausuren unterscheiden sich von herkömmlichen Klausuren darin, dass sie elektronisch erstellt, durchgeführt, gespeichert, archiviert und (teil-)automatisiert ausgewertet werden. Spezielle Prüfungssoftware (z.B. Perception von Questionmark) und Lernmanagementsysteme (z.B. Moodle mit der Aktivität „Test“) können als elektronische Prüfungsumgebungen genutzt werden. Um rechtlich und technisch sicher zu prüfen, sollten ausschließlich die von der Hochschule zur Verfügung gestellten Systeme für E-Klausuren genutzt werden. Wird eine E-Klausur zum ersten Mal erstellt, ist mit einer Einarbeitungszeit zu rechnen.
Zu den Vorteilen von E-Klausuren zählen die Möglichkeit, Fragen zu randomisieren, (teil-)automatisiert auszuwerten und mit multi-medialen Inhalten (z.B. Videos, Bilder, Audio-Aufnahmen) anzureichern. Fragenpools unterstützen dabei, Prüfungsfragen kollaborativ zu erstellen und erlauben es, aus einem großen Fragenpool mit bspw. 100 Fragen unterschiedliche Prüfungen mit je 30 Fragen automatisiert zu generieren. Zudem bringt das elektronische Format Zeit- und Kostenersparnisse. (Teil-)automatisierte Auswertung von E-Klausuren mit geschlossenen Fragen (z.B. Multiple-Choice) beschleunigen diesen Prozess im Vergleich zu Papier-basierten Klausuren. E-Klausuren mit offenen Fragen sind ebenfalls schneller ausgewertet als ihre papierenen Gegenstücke, weil keine schwer leserlichen Handschriften entziffert werden müssen. [9]
Wird eine E-Klausur in Präsenz durchgeführt, werden zumeist dafür konzipierte Prüfungsräumlichkeiten an der Hochschule verwendet, die mit Computern/Laptops ausgestattet sind. E-Klausuren können aber auch als Distanz-Prüfungen durchgeführt werden, bei denen die TN ortsunabhängig geprüft werden (d.h. die TN absolvieren die Prüfung z.B. von zu Hause aus). Für dieses Prüfungsszenario sind insbesondere die Richtlinien der Hochschule bezüglich Überwachung, Feststellung der Identität der TN und Überprüfung der Eigenständigkeit der Leistungen der TN zu beachten.Mündliche Online-Prüfungen
Videokonferenztools ermöglichen es, mündliche Prüfungen online durchzuführen. Neben den technischen Voraussetzungen (funktionstüchtige Kamera und Mikrofon, stabile Internetverbindung) ist eine Vertrautheit mit dem Videokonferenz-Tool und seinen Funktionen unerlässlich (Teilnehmer*innen einlassen, TN-entfernen, Mikrofon anderer an-/ausschalten), damit der Prüfungsablauf glatt verlaufen kann. Es empfiehlt sich, bereits 15 Minuten vor Beginn der Prüfung in das Tool einzusteigen und die TN zu bitten, ebenfalls 5-10 Minuten vor Prüfungsbeginn das Meeting zu betreten, um die Technik auszutesten. Die TN sollten eine kurze Sprechprobe durchführen. Es ist zudem empfehlenswert, einen zusätzlichen Kommunikationskanal für Hilfestellungen kurz vor dem Meeting einzurichten. Haben die TN Probleme, in das Meeting einzutreten oder sind sie aus dem Meeting gefallen, können sie sich so bemerkbar machen. Dafür ist bspw. die Kommunikation via E-Mail oder Telefon geeignet. Informieren Sie die TN vorab über diese Möglichkeit, Hilfestellungen zu bekommen. Vergessen Sie auch nicht während des Meetings, regelmäßig einen Blick auf den integrierten Chat des Videokonferenz-Tools zu werfen, der auch als 2. Kommunikationskanal genützt werden kann.
Online-Open-Book-Prüfung als Präsenz- oder Distanz-Prüfung
Bei Open-Book-Prüfungen handelt es sich um ein Prüfungsformat, das sich durch seine Offenheit auszeichnet: Die TN dürfen zum Lösen der Prüfungsaufgaben Unterlagen (z.B. Mitschriften, Zusammenfassungen) konsultieren. Damit dennoch eigenständige (Denk-)Leistungen gefordert werden, werden Aufgaben gestellt, die Transfer- und Syntheseleistungen fordern (z.B. Bearbeiten von Fallstudien, Textanalysen, Rechenaufgaben, etc.). Siehe zu den unterschiedlichen Lernzielebenen auch den Use Case zur „Formulierung von Arbeitsaufträgen“. Open-Book-Prüfungen können zwar auch papierbasiert durchgeführt werden, die Online-Variante bringt wie bei der „klassischen“ E-Klausur allerdings Zeitersparnisse, weil die Problematik unleserlicher Handschriften wegfällt. Details zur Online-Open-Book-Prüfung finden sich im eigenen Use Case.
Kurze E-Überprüfungen im Distanz-Modus
Als kürzere Variante der Online-Open-Book-Prüfung sind kurze E-Überprüfungen auf den gleichen didaktischen Prinzipien aufgebaut: Zur Bearbeitung der Aufgabenstellungen haben die TN mehrere Tage Zeit und konsultieren Unterlagen. Die Aufgaben werden so gestellt, dass die Lösung unter diesen Rahmenbedingungen eine eigenständige Leistung verlangt.
Kurze, benotete E-Überprüfungen zu ausgewählten Inhalten können eingesetzt werden, um die TN zum Mitlernen anzuregen. Bei Lehrveranstaltungen ohne prüfungsimmanenten Charakter können bspw. fünf solcher E-Überprüfungen als „Test“ oder „Aufgabe“ auf dem Lernmanagementsystem (LMS) Moodle eingerichtet werden, und von den TN innerhalb von einer Woche auf freiwilliger Basis absolviert werden. Für jede der Überprüfungen können die TN Punkte sammeln, die als Zusatzpunkte bei der Abschlussklausur dazugezählt werden.
In prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen können kurze E-Überprüfungen als Teil der Mitarbeit in die Note miteinfließen oder als freiwilliges Angebot ebenfalls in Form von Zusatzpunkten bei der Gesamtbeurteilung miteinbezogen werden.
Die Aktivität „Test“ auf Moodle bietet die Möglichkeit, Ergebnisse (teil-)automatisiert auszuwerten und in der Erstellung mit Feedback zu versehen (z.B. Hinweise, wo Fehler gemacht wurden, Links zu weiterführenden Informationen zur Lösung, Musterlösungen). Eine automatisierte Auswertung ist bei der Aktivität „Aufgabe“ zwar nicht möglich, aber Musterlösungen können ebenfalls hochgeladen werden und die Einrichtung ist schneller und einfacher erledigt als beim „Test“.Alternative summative E-Assessments
Neben Open-Book-Prüfungen als alternative Form des summativen Assessments gibt es weitere alternative Formate. Diese sind insbesondere dann sinnvoll, wenn Wissen bzw. Kompetenzen im Sinne des Constructive Alignment nicht sinnvoll in klassischen E-Klausuren abgefragt werden können, z.B., wenn praktische Kompetenzen wie die Bedienung einer Geoinformations-Software überprüft werden sollen. Gerade wenn Produkte erstellt werden sollen, ist es wichtig, den TN klar und deutlich die Beurteilungskriterien bspw. in Form eines Kriterienkatalogs zu kommunizieren. Das kann einer Diskrepanz zwischen den Erwartungen der LP und den Leistungen der TN vorbeugen.
- Video: Durch die Erstellung eigener Videos, z.B. kurzer Erklär-Videos
oder längerer Video-Essays, können einerseits die Medienkompetenz der TN,
andererseits aber auch wichtige fachliche Kompetenzen (inhaltliche Kompetenz,
Präsentationskompetenz etc.) unter Beweis gestellt werden. Näheres dazu findet
sich im Use Case „Studierende Medienprodukte
erstellen lassen“.
- Audiobeiträge/Audio-Podcast: Ähnlich wie Videos können Audio-Produkte
sinnvoll eingesetzt werden, um die Erreichung von Lernzielen zu überprüfen.
Bspw. fordert eine Elevator Pitch (eine Präsentation verpackt in 60 Sekunden,
siehe Blogbeitrag der Universität Graz) die TN, ein Thema auf die
essentiellen Aspekte zu reduzieren, was eine zentrale Kompetenz in der
Wissenschaft darstellt.
- E-Portfolio: Elektronische Sammlungen von Reflexionsbeiträgen,
bearbeiteten Arbeitsaufträgen etc., sogenannte E-Portfolios, eignen sich
ebenfalls als summatives E-Assessment. Details dazu finden sich im eigenen Use Case.
- Peer-Feedback: In Kombination mit den genannten Produkten kann
Peer-Feedback zum Einsatz kommen und ebenfalls in die Bewertung miteinfließen.
Bei Peer-Feedback geben sich die TN (=Peer) gegenseitig Rückmeldungen zu
Leistungen. Näheres beschreibt der eigene Use
Case.
- Video: Durch die Erstellung eigener Videos, z.B. kurzer Erklär-Videos
oder längerer Video-Essays, können einerseits die Medienkompetenz der TN,
andererseits aber auch wichtige fachliche Kompetenzen (inhaltliche Kompetenz,
Präsentationskompetenz etc.) unter Beweis gestellt werden. Näheres dazu findet
sich im Use Case „Studierende Medienprodukte
erstellen lassen“.